Vom Besuch des Steinzeitparks Albersdorf
Alle Mitglieder vom Verein der NaturführerInnen Schleswig-Holstein waren am Sonntag, den 20. März in den Steinzeitpark Albersdorf eingeladen. Nicht ganz zwei Dutzend hatten zugesagt, einige mussten kurzfristig absagen. Für die Anwesenden ein guter Tag. Es war kühl bis windig, aber trocken. Der Wald um die Anlage herum präsentiert sich vorfrühlingshaft mit Geruch und Vogelgesang. Kleiber und Baumläufer, Buchfink und Meisen riefen.
Unsere Gruppe wurde von Heinz durch den Steinzeitpark begleitet. Heinz ist seit vielen Jahren ehrenamtlich für den Park tätig. In dem umgebenden Wald konnte er uns etliche originale Steinzeitgräber zeigen. Im eigentlichen Parkgelände sind Gräber der Steinzeit und Bronzezeit modelliert. Bekannt ist der Steinzeitpark Albersdorf für die mit Originalwerkzeugen nachgebauten Hütten, Häuser und Tierfallen. Diese Führung macht Forschung und experimentelle Archäologie anschaulich.
Zu den Steinzeitgräbern
Die aufgesuchten Langgräber liegen ausgerichtet nach den Himmelsrichtungen, Nord-Süd oder West-Ost. Es gibt keine Hinweise darauf, dass sie den Sonnenstand zu bestimmten Zeiten anzeigten.
Andere Möglichkeit: die Gräber der erhabenen Vorfahren wiesen den Weg zu wichtigen Geländemerkmalen, zum Beispiel zu einer Furt, bei der die Überwindung eines Gewässers besonders leicht war.
Die verstorbenen Vorfahren nahmen weiterhin teil am Leben der Dorfgemeinschaft, sie wurden mit ihren Holzsärgen zu Gelegenheiten aus dem Grab geholt. Ob Megalithe vom Fundfeld Albersdorf auf neuzeitlichen Friedhöfen zu finden sind, müssen wir erst noch herausfinden.
Heute war Tag- und Nachtgleiche (20. März)
Wir sahen die Sonne gegen 12:27 Uhr im Zenit, 36° hoch stehend. Nachdem sie um 06:22 Uhr bei 89 ° Ost aufgegangen und kürzlich um 18:33 Uhr bei 271° West untergegangen ist. Somit war der Tag der Tag- und Nachtgleiche 12 Stunden und 10 min lang. So einfach läuft es halt nicht bei unserer Erde!
Vielleicht gelingt es zu den Sonnenwenden, Hinweise auf eine Ausrichtung zu finden.
Wikipedia ergänzt:
Wir sprechen vom Sonnenaufgang, sobald der oberer Rand über der Horizontlinie sichtbar wird, also bevor ihr Mittelpunkt erscheint. Der Sonnenuntergang ereignet sich, nachdem der Sonnenscheibenmittelpunkt scheinbar unter den Horizont gesunken ist, wenn der letzte Sonnenstrahl des oberen Sonnenrandes erlischt.
Gegenüber einer punktförmigen Betrachtung der Sonnenmitte kommt damit je ein halber Durchmesserbogen der Sonne (etwa 0,27° bzw. 16′) hinzu.
Außerdem bewirkt die Lichtbrechung durch die Erdatmosphäre jeweils eine scheinbare Anhebung der Sonnenscheibe (um etwa 0,6° bzw. 34′). Diese Verlängerung des lichten Tages auf Kosten der Nacht macht in Mitteleuropa um knapp 11 Minuten aus, am Äquator knapp 7 Minuten.
Große Zeit der Megalith-Bauten
Ausschnitte einer Seite vom Deutschlandfunk
Vor einiger Zeit berichtete der Deutschlandfunk über den Forschungsschwerpunkt „Großsteingräber“ an der Uni Kiel. Die frühen Bauern errichteten die Großsteingräber, erzählt Grabungsleiter Martin Hinz. Die sesshaften Ackerbauern und Viehzüchter hatten sich bereits gut etabliert und die letzten, halbnomadischen Jäger und Sammler waren an den Rand gedrängt worden, als um 3650 vor Christus in Norddeutschland und Skandinavien die große Zeit der Megalith-Bauten begann. Im Volksmund heißen sie „Hünengräber“, weil man sie einem großen Anführer zuordnete, doch der Name ist irreführend. Ausgrabungen haben gezeigt, sagt Dr. Hinz
Dass hier kein ausgewählter Personenkreis bestattet worden ist, wir haben Kinder, Frauen, Männer, daher ist anzunehmen, dass es wirklich ein Bestattungsort war für jedermann, keine expliziten Häuptlingsgräber, wie man das früher immer noch gedacht hat.“
Eine Siedlungsgemeinschaft setzte alle ihre Toten zwischen den Findlingen bei, oft über Jahrhunderte, ohne Einzelne durch eine besondere Position oder kostbare Beigaben hervorzuheben. Archäologen finden in Norddeutschland allerdings keine Knochen der Toten mehr. Die Böden sind hier so sauer, dass alle Skelettreste vergehen.“
Der Aufwand für die Großsteingräber belegt auch, wie wichtig die Gemeinschaft den Menschen war.
Die Crux an der ganzen Geschichte ist der Transport dieser immens schweren Decksteine, und ich glaube, die Zahl von 70 – 80 Leuten ist realistisch.“
Was bedeutet, dass alle leistungsfähigen Bewohner eines neolithischen Dorfs mitanpacken mussten, um einen Megalithbau zu errichten: Es war eine Gemeinschaftsleistung. Jeder konnte dann damit rechnen, in der Grabanlage bestattet zu werden – und niemand wurde bevorzugt. Die frühen Bauern lebten rund 500 Jahre lang in einer egalitären Gesellschaft ohne starke Hierarchien. Erst ab etwa 3100 vor Christus nahm die Bedeutung des Individuums zu.“
Tierhaltung in der Jungsteinzeit
Wie die Steinzeitmenschen die halboffene Weidelandschaft entstehen ließen, lässt sich nachvollziehen. Leider gibt es zur Zeit keine Beispiele alter Tierrassen, die robuste Eigenschaften besaßen.
Das Leben war schwer …
„Das Leben war schwer in der Steinzeit“, sagt unser Parkführer. Eine Frau bekam erst nach 4 Jahren ein neues Kind. Denn mit 4 Jahren konnte ein Kind schon bei der Arbeit helfen. Alle Tätigkeiten waren überschaubar, erlernbar, Erfolg oder Misserfolg sofort sichtbar. Es gab offensichtlich genug Nahrung und Zeit, Kräfte für das Anlegen der Hügelgräber und Langgräber freizustellen.
Paleo-Diät
Die „Paleo-Diät“ besteht zu 35 % aus Fleisch und zu 65% aus Gemüse, Obst, Früchten. Und die Versorgung mit Nahrungsmitteln wird Überschüsse erwirtschaftet haben, sonst wäre es nicht möglich gewesen, dass sich immer mehr Menschen auf bestimmte Tätigkeiten spezialisiert und die Entwicklung zum heutigen Leben ermöglicht haben. Und: Not macht wendig und schafft Anpassungen an Veränderungen.
Nie zuvor war der Mensch einer derartigen Schnelllebigkeit ausgesetzt wie heute. Tempogetrieben bewegen wir uns durch den Alltag, Multitasking und Flüchtigkeit gehören zum Zeitgeist. „Der Mensch lebt nicht mehr artgerecht.“
Das Picknick war locker und nicht streng Paleo. Ein Grill stand bereit, um Fleischwaren über Holzfeuer zu grillen und um Fladenbrot zu toasten. Die meisten hatten allerdings zu Hause das Essen vorbereitet und in wiederverwendbaren Boxen mit auf die Tour genommen. Dabei wurde bestens miteinander gesprochen. Wir im Verein haben uns seit längeren nicht mehr frei getroffen, d.h. ohne die Regularien einer Mitgliederversammlung.
Nierenfleck-Zipfelfalter
Dr. F. Nemos, Public domain, via Wikimedia Commons
Die Schmetterlingsexpertin Jutta Fenske aus Eckernförde ließ uns an einem besonderen Erlebnis teilhaben: an den jungen noch völlig kahlen Schlehensträuchern ließ sie uns nach Eiern des Nierenfleck-Zipfelfalters suchen und wir fanden solche! Kleine helle Kügelchen mit seeigelartiger Oberfläche. Daraus wird der dunkelbraune Nierenfleck-Zipfelfalter mit einem orangenfarbenen nierenförmigen Fleck auf dem Vorderflügel. Diesen weisen allerdings nur die Weibchen auf. „An den Hinterflügeln befindet sich im hinteren inneren Bereich im sogenannten Analwinkel je ein kleiner, orange gefärbter Fleck. Außerdem haben die Tiere an den Hinterflügeln je ein kleines Schwänzchen.“ In der Natur gibt es immer was zu entdecken.
Falter-Memo
Der NABU Eckernförde hat ein Falter-Memo entwickelt, das gerade zu Beginn 2022 gedruckt wurde. Jutta Fenke stellte das Spiel vor. Das Finden der Memory-Paare fordert eine stärkere Konzentration auf den Inhalt als klassische Memory-Pärchen. Beispielsweise müssen Raupe und Futterplanze in Verbindung gebracht werden. Ein Lernprogramm auch für die anwesenden NaturführerInnen.
Das Falter-Memo kann über den NABU Eckernförde bezogen werden (unbezahlte Werbung)
Schlussbemerkung
Gerne halten wir uns in der abwechslungsreichen Landschaft auf und versuchen, die Spuren unserer Vorfahren zu entdecken und nachvollziehen zu können. Wir nehmen Impulse mit, uns mit den neuen Eindrücken intensiver zu beschäftigen.
Zum Weiterlesen: VLA – Handbuch der Grabungstechnik, Aktualisierung 2016 bei www.landesarchaeologen.de
Dieser Beitrag über das Vereinstreffen wurde von Gisela Oden-Behrendt, Dierk Hamann und Hans Rutar zusammengetragen.
Danke an euch alle für den ausführlichen Bericht. Da wurde der interessante Tag noch einmal lebendig.
Liebe Artikelschreiber*in,
vielen herzlichen Dank für den Rückblick.
Es war ein rundum schöner Tag mit Euch in Albersdorf :-))
Gestern habe ich auch bei mir im Knick die Nierenfleck-Zipfelfalter-Eier gefunden 🙂
Das Schmetterlingsmemorie kommt ins Osterkörbchen meiner Enkel und wird dann bestimmt sofort bespielt.
Viele Grüße
G.